Ein Foto einer Straßenszene. Der Hintergrund ist verschwommen und im Vordergrund sieht man einen großen Flohmarkttisch voller Bücher. Direkt vor der Kamera ist eines aufgeschlagen und ein paar Seiten werden gerade vom Wind bewegt.
Blog Sonstiges

Manchmal.

Manchmal, da frage ich mich ja ein wenig, wie es sein muss, in der deutschen Spielemedienlandschaft ein Erik zu sein. Oder ein Sebastian. Oder eben ein Christian. Wie es sein muss, wenn alles an einem abzuperlen scheint, selbst wenn man verkündet, dass einem egal sei, dass an einem Hype-Spiel eine Autorin verdient, die offen Transfeindlichkeit propagiert. Wie es sein muss, verkünden zu können, man würde sich dem Thema dann – natürlich zu eigenen Bedingungen im eigenen Stream – widmen, sobald man die Drohungen, die man erhalten hat, durchsortiert hat. Nicht, dass irgendwer Morddrohungen erhalten sollte, aber es ist schon eine ganz besondere Art, eine Debatte, in der es für trans Personen um ihre Existenzberechtigung geht, für sich selbst zu vereinnahmen. Besonders, wenn die eigene Community erst vor ein paar Jahren eine Feministin buchstäblich mit Vergewaltigungsdrohungen und Hass von Twitter gejagt hat. Aber na ja, vielleicht bin ich da einfach etwas merkwürdig.

Manchmal, da frage ich mich aber auch, wie es sein muss, wenn man so viel Selbstbewusstsein an den Tag legen kann, dass man einfach einmal ein altes Bewerbungsschreiben posten kann, in dem man witzig-frech sich selbst als den besten möglichen Mitarbeiter verkauft. Oder wie es sein muss, so einen Post zu sehen und dann nicht erst einmal eine Viertelstunde ins Leere zu starren, weil man sich fragt, ob der Poster überhaupt ahnt, wie viele Leute so etwas nie bringen könnten, weil sie dann sofort als schwierig und arrogant gelten würden. Und als „schwierig“ zu gelten, bedeutet, ein Problem zu sein, und ein Problem zu sein, bedeutet, mit Anlauf gegen gläserne Wände zu rennen.

Ich frage mich auch, wie es sein muss, wenn man grundsätzlich annimmt, man könne über alle Themen immer sprechen, weil man es gewohnt ist, einen Platz am Tisch zu bekommen. Wie es sein muss, sich in einer Medienlandschaft zu bewegen, die regelmäßig eine höhere Christian- als Frauenquote hinbekommt, und sich nicht einmal darüber zu wundern, warum das so ist. Oder, wenn man sich dann doch mal wundert, nur einen halbherzigen Aufruf zu starten, dass Frauen sich doch bitte bewerben sollen. Schließlich hätte man die ja sehr gerne in den eigenen Reihen – nur die Arbeit, das passende Umfeld dafür zu schaffen, die sollen sie dann im Zweifelsfall selbst leisten. Ein generischer Aufruf zum „Weltfrauentag“ oder eine Liste mit „inspirierenden Frauen“, auf der dann im Zweifelsfall auch mindestens eine nicht-binäre Person misgendered wird, sind da viel einfacher.

Genauso frage ich mich aber auch, wie es wohl ist, wenn man sich hinstellt und anderen, die noch nicht einmal Zutritt zum Raum bekommen, in dem der Tisch steht, erzählt, sie müssten sich ja nur einen Stuhl nehmen. Aber vielleicht bin ich da auch nur wieder einmal merkwürdig, weil ich mir ja auch nicht einfach einen Stuhl nehmen möchte, sondern will, dass alle Plätze gerechter aufgeteilt werden.

Ich frage mich manchmal sehr viele Dinge, aber sie haben alle gemeinsam, dass sie in mir eine tiefe Müdigkeit auslösen. Es muss schön sein, so viel Ignoranz an den Tag legen zu können, dass man sich diese Art Dinge grundsätzlich nicht fragt. Oder vielleicht auch nur entspannter, wer weiß. Dabei erhebe ich nicht einmal den Anspruch, mir selbst alle Fragen zu stellen, die ich mir stellen müsste, denn dafür ist Erkenntnisgewinn immer zu sehr ein Prozess, aber es ist trotzdem immer wieder ein wenig verblüffend, zu beobachten, wie manche Leute unantastbar bleiben, einfach, weil wir in einer Kultur leben, die ihnen sehr viel verzeiht, was anderen nie verziehen worden wäre.

Aber gut, manchmal, da bin ich wohl einfach merkwürdig. Und sehr, sehr müde.

Ähnliche Beiträge